Bastone a due mani

Zeitgenössische Darstellung eines Dörflers aus Ligurien mit einem der längeren „Due Mani“

Wenn der Spazierstock, das Herzstück der Sammlung ist, dann ist der Due Mani das Kernstück. Der Stock ist kein Langstock wie ein japansicher Bo, um in Japan zu bleiben, ist er mehr mit dem Jo vergleichbar. Sozusagen ein kurzer zweihändig zu führender Stock. Mit einer Länge von 125-145cm und einem Durchmesser von 3-4cm war er ein treuer Begleiter für Wanderer und Fuhrleute. Eine Erklärung für diese Länge ist z.B. ein Verbot für längere Stöcke innerhalb der Mauern der Stadt, damit man den Stadtwachen, die mit Speeren o.ä. ausgerüstet waren, nicht so leicht Paroli bieten konnte. Das Repertuar an Techniken ist aus Sicht des Spazierstocks aufgrund der Beschaffenheit stark reduziert, betrachtet man es aus der anderen Richtung, stellt man fest, dass die Techniken die Basis des Bastone da Passagio bilden. Man nutzt starke Schwünge, Stiche, die wohl in ihrer jetztigen Form durch das Bajonettieren des 19. Jh. hinzugekommen sind, agressives Voranschreiten und neben Paraden, die die Hände nicht in Gefahr bringen, diverse Schläge zu eben jenen. Fest steht, dass die Fuhrleute Genuas in dieser Methode geübt waren. Ihre Entstehungsgeschichte, für die ich keine Belege habe als die mündliche Überlieferung des Lehrers meines Maestros, ist nicht weniger reißerisch als die Entstehungsmythen asiatischer Systeme. Ob sich ein Fünkchen Wahrheit darin verbirgt, darf jeder gern für sich selbst entscheiden:
Genua besaß im 14. Jh. einen Stadtteil in Konstatinopel, dieser trug den Namen Pera und besaß eigene Mauern. Die Venezianer, die im Handel in Konkuerenz mit den Genuesen standen gingen einen Handel mit dem Sultan ein und baten ihn die Mauern Peras zu schleifen. Doch das hinderte die Genuesen nicht daran weiter fleißig Handel zu treiben. Also bat man den Sultan die Rivalen zu entwaffnen. So waren sie leichte Beute für Plünderer. Ihren Stahlwaffen beraubt, nutzten sie Stöcke aus hartem Holz, härtetden diese und wickelten sie mit Bändern und Seilen ein um gegen Klingenwaffen besser bestehen zu können. Diese nutzten sie wie zweihändig zu führende Schwerter. Sollte diese Geschichte stimmen, ist, wenn wir die Techniken mit den Fechtquellen Italiens der Zeit vergleichen, nicht mehr viel von der einstigen Methode übrig geblieben. Ein genauerer Vergleich mit einem Experten für z.B. Fiores Schwert wäre aber sicherlich spannend.

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Nachruf: THFD 2019 in Borchen

Die Säbelinteressierten

Die Messerbegeisterten

Zurück von Treffen Historischer Fechter Deutschlands . Ich muss ehrlich sagen, ich war mir nicht so ganz sicher ob es sich wirklich lohnen würde. Versteht mich nicht falsch, spanende Seminare, gute Dozenten, Diskussionsrunde, Vortrag, Turniere etc. alles super … für einen Langschwertfechter. Die Eventleitung hat sich allerdings kurz vorher noch dazu entschlossen die Seminare umzuverteilen um mehr Varianz reinzubringen, dafür ein großes Lob an dieser Stelle! Nichts desto trotz ist man als Hemaist mit spätem Schwerpunkt doch recht alleine. Doch meine Bedenken wurden nicht nur verstreut, das Wochenende war insgesamt einfach fantastisch! Ich habe viele alte Freunde wiedergetroffen auch solche, mit denen ich nicht gerechnet hatte, durchweg habe ich haufenweise neue Leute kennen gelernt oder persönlich kennen gelernt. Alle durchweg gut drauf. Egal ob aus der Pfalz, aus Budenheim, Nordhausen, usw. usw. Auf Events ist die Welt halt noch in Ordnung, auch wenn man das aus Sicht des Internets nicht immer glauben mag.
Ein großes Lob an die Borchener und Besonders Matthias für die Ausrichtung, gerade die freie Zeit auf der Wiese vor der Halle nach Veranstaltungsende mit allen Fechtern bis in die Nacht hinein hat dem THFD 2019 seinen ganz besonderen Charme gegeben.
Nachdem Heiko Große abgesagt hatte fürchtete ich schon um die einzigen Runden Contrafechten, aber auch hier wurde ich überrascht von mehr Rapieristen, als ich vermutet hätte und auch ein paar Runden Dussack waren nicht verkehrt, ich kam auf meine Kosten (Mangual gegen Mangual braucht man im Übrigen nicht versuchen, aber wenn Jan Gosewinkel fragt, wer bin ich nein zu sagen )
Am Einhandwaffenturnier habe ich gleich auch noch teilgenommen. Nach 18 Kämpfen mit HALAG-Regeln immerhin auf Platz 4 gelandet, ein schönes Einlaufen mit Waffenkontrolle war definitiv mein persönliches Highlite. Über eine Kleinigkeit habe ich mich dann aber doch geärgert, aber die laste ich keinem an. Ganz allgemein haben die Schiedsrichter einen super Job gemacht, auch wenn sie es natürlich nicht jedem Recht machen konnten. Ich trainiere zu wenig mit der passenden Ausrüstung, so war ich es nicht gewohnt mit den dicken Handschuhen zu fechten. Zweimal hintereinander habe ich trotz sauberer Parade noch etwas auf den Handschuh bekommen, würde ich öfter mit den Dingern fechten, hätte ich gewusst, dass ich anders winkeln muss, um auch die Handschuhe noch zu schützen. Ich muss also einfach sagen, dass ich nicht ordentlich vorbereitet war.
Insgesamt habe ich zwei Seminare gegeben, eins zum Coltello Genovese, und nachdem Heiko leider ausgefallen war, eins zum genuesischen Säbel nach Tambornini. Weil parallel das Langschwertturnier lief und 2-3 Seminare gleichzeitig stattfanden, waren die Gruppen sehr klein, meine noch etwas mehr als die Langschwertgruppen. Das hatte aber eine schöne Intensivität zur Folge. Vielen Dank für euer Interesse! Spaß hatten wir, trotz des ernsten Themas – alle, das ist sicher. Ein Kompliment der anderen Art war es auch, als man mir am Abend sagte, man hätte gehört, dass der Messerworkshop wohl sehr gut gewesen, ob ich den Sonntag nicht nochmal machen könnte
Jeder der nicht auf solche Veranstaltungen führt ist selber schuld!
Schöne Grüße in alle Ecken Deutschlands, von Dortmund nach Dresden, von Hamburg nach Ulm,
Es war mir ein Vergnügen!

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Übungswaffen für HEMA genovese

Eine ganze Weile war es still hier, das lag aber nicht daran, dass ich nichts gemacht hätte, allein die Extrazeit für ein paar Beiträge hat gefehlt.
Dafür habe ich andere für mich arbeiten lassen. So hat Black Fencer, ein Hersteller von Trainingswaffen aus Nylon aus Spanien, mir ein paar Geräte gebastelt, aber auch ich war nicht ganz untätig.
Die Übungswaffen von Black Fencer haben ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Natürlich sind sie nicht so gut wie Stahl, aber sie kosten auch nur ein Drittel bis die Hälfte der Pandants aus Stahl und fühlen sich in der Hand selbst sehr gut an und um Welten besser als ihre Konkurrenten aus Holz. Für den kleinen Geldbeutel, für Designvarianten, für Seminarwaffen durchaus die beste Alternative am Markt.
Stöcke und Messer brauchte ich, interessant waren passende Geräte für HEMA genovese:

Ein Übungsdegen – Für Paolo de Scalzi


Die beste Übungswaffe ist mit Sicherheit die historisch akkurate: Das Florett.
Außerdem gibt es genügend passende Degen, ob nun mit Sportdegenklingen oder auch mit schwererer für Historisches Fechten.
Weil nun aber de Scalzi immer wieder betont, dass man mit unterschiedlichen Waffen gegeneinander fechten sollte, sei es nun Degen, Säbel, Bajonettgewehr oder Speer, habe ich mich entschieden auch hierfür ein Nylon anzufragen. Der Vorteil an Nylon ist hier, dass z.B. auch das Holz der Trainingswaffen nicht unnötig in Mitleidenschaft gezogen wird.
Als Modell, dachte ich mir, nehme ich Bezug auf die Bilder des Buches, die noch ein Übergangsdesign vom Rapier zum Degen zeigen. Aber mit einer schwereren Klinge, die auch noch für kleine Hiebe taugen würde, denn reine Stoßwaffen aus Nylon sind definitiv Verschwendung. Denn es kommt im Grunde auf die Klinge an ob der Degen nur zum Stoß oder auch zum Hieb taugt, so de Scalzi.

Trainingssäbel – Für Carlo Tambornini


Für Tambornini bieten sich verschiedene Varianten an, als erstes sollte da ein Säbel her. Die Abbildungen im Breve trattato di scherma alla sciabola sind keine Schönheiten. Aufgrund der Zeit dürfte der dargestellte Säbel ein Modello 1855 sein. Da Carlo Tambornini der Marine angehörte, könnte sein Dienstsäbel evtl. auch ein Bersagleriesäbel gewesen sein. Der hier Abgebildete hat außer der Reihe auch eine M1855 Klinge mit „clippoint“. Die Italiener waren mit ihren Dienstsäbeln und Bezeichnungen nicht so streng wie die Deutschen.
Das System ist auf einen Bügelsäbel ausgelegt, das lässt sich anhand der Paraden und Guardia sagen. Daher wollte ich auch passend mit einem Bügelsäbel trainieren können. Weil ich mir neben meinem Säbel mit Muschelgefäß aber keinen Zweiten zulegen wollte und die Quelle an einer Stelle sogar von Holzsäbeln spricht, dachte ich mir, dass ich Blackfencer mal nach ein paar Nylonsäbeln frage. Nylons sind schließlich die „Waster“ unserer Zeit.

Trainingsentermesser – Für Carlo Tambornini


Tamborninis Verbindung zur Marineakademie, legt, auch wenn er dazu nichts schreibt, nahe dass entsprechende Techniken auch mit dem kürzeren Entermesser funktionieren müssen. Denn das System wird auf den ein oder anderen Weg über die Ausbilder an die Matrosen gelangt sein. Die einfachen Techniken sind im Grunde auch nicht viel anders als man es von anderen historischen Aufzeichnungen her kennt.
Das passende Entermesser der Zeit wäre das M1847 nach preußischem Vorbild. Leider konnte Black Fencer keine passende Glocke herstellen, sodass ich mich an den Rawlings Broadsword-Körben vergangen habe. Dave Rawlings hat vor Jahren eine Serie von verschiedenen Übungswaffen aus Kunststoff auf den Markt gebracht. Diese sind modular aufgebaut, sodass man Parier, Knauf und Klinge austauschen kann um verschiede Varianten zu erhalten. Gerade bei längeren Klingen vom Gefühl her nicht so gut wie Black Fencer aber zum Glück sind Entermesser ja etwas kürzer.
Nachdem ich entsprechende „Spangen“ abgetrennt, das Stichblatt gekürzt, alle Kanten schön mit der Feile geglättet und die Lücken aufgefüllt haben, habe ich abschließend noch die Klinge für ein Langes Messer entsprechend gekürzt und fertig war das M1847.

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Seminar: Treffen Historischer Fechter Deutschlands 2019

Dieses Jahr findet das Treffen historischer Fechter Deutschlands in NRW statt. Grund genug mich mal als Referent zu bewerben. Eigentlich wollte ich was spanendes mit Säbel oder Degen anbieten, nur sagte man mir, dass ich für solche Randthemen in den HEMA am besten die Simulatoren stellen sollte. Da ich aber nun keine Lust hatte 10-20 Säbel mitzuschleppen (es bleibt fraglich ob ich die überhaupt zusammenbekommen hätte ;-)) entschied ich mich dafür einen Kurs für das Coltello Genovese anzubieten. Dieser soll neben einer kleinen Einführung die Zusammenhänge, Parallelen und Unterschiede zu HEMAdisziplinen wie z.B. Hofdegen oder Dolchringen beleuchten und ist im wahrsten Sinne des Wortes als Workshop ausgelegt. Das bedeutet Fragestellungen der Teilnehmer sind durchaus gewünscht!
Ich bin zwar der Meinung, dass für meinen Workshop keine Schutzausrüstung von Nöten sein wird, der Veranstalter wünscht aber Tiefschutz und Zahnschutz sowie falls nötig eine Sportbrille. Sorgt also Vor, falls ihr mitmachen wollt. Messer werde ich genug dabei haben 😉

Ganz besonders freue ich mich aber auch auf die aktuelle HEMAszene in NRW, die es im Juni nach Borchen verschlägt, auf alte Freunde und Bekannte wie Thomas Stöppler und Thore Wilkens und neue Gesichter, die ich bislang nur in ihrer Onlinepersona kenne.
Spaßeshalber habe ich micht noch zum Einhandwaffenturnier angemeldet. Ich bin gespannt auf das Was, Wie und Wer 😀

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Training in Genua im Januar 2019

Nicht so schick, aber dennoch malerisch. Das trockene Flussbett des Polcevera.

Meine Fahrt Nummer Sechs stand im Vorfeld etwas auf der Kippe. Wenige Woche vorher war in Bayern das Schneechaos ausgebrochen und in den Alpen sah es erstmal nicht besser aus. So bibberte ich auch ohne Schnee in NRW ob alles so klappen würde wie gedacht. Wir planten etwas mehr Zeit ein als sonst und wagten uns über die schneebedeckten Alpen. Wenn man nicht fahren musste, war der Ausblick wirklich traumhaft, besonders werden mir die eingefrorenen Bergbäche, die wie Eiszapfen den Hang hinunter hingen im Gedächtnis bleiben.
In Genua angekommen waren es angenehm kalte 12°C, also schon fast Sommer wie eine Freundin anmerkte. Im La Sosta schienen sie etwas umgestaltet zu haben, das Personal war nicht mehr hundertprozentig das Bekannte, die Speisekarte war umgestellt worden und sie schlossen nun gegen späten Mittag! Nicht auszudenken, wären wir später gekommen, nach der Anreise ohne eine erste ordentliche italienische Mahlzeit ins Training!

Zum Glück lag die Halle immer noch nebenan. Für mich ein Novum, auch wenn es unterschiedliche Räume waren, zwei Mal in derselben Lokalität zu trainieren.
In der Halle war es kälter als draußen, aber während des Savate Genovese wurde mir schon warm genug. Der Hauptteil des Trainings lag ausschließlich in der alten Methode. Claudio unterscheidet sehr strickt zwischen Chausson, Savate und Boxe Francaise. Das ursprüngliche Chausson, in dem die Tritte überwiegen, das Savate, welches bereits mit dem englischen Boxen kombiniert wurde und das moderne Boxe Francaise. Eine zwar nachvollziehbare aber keine offizielle oder trennscharfe Einteilung.
Meine Flexibilität in den Beinen wurde einmal mehr an ihre Grenzen gebracht. Auf der einen Seite ist es zwar hart zu hören „Nein, so nicht, du musst unters Kinn treten!“, auf der anderen Seite ist es aber nicht so schlimm, wenn es nur die Beweglichkeit und nicht die Technik betrifft. Jedenfalls stimmt es definitiv nicht, dass der Genuese aufgrund des „Selbstverteidigungsaspektes“ ausschließlich zu den Beinen tritt. Allerdings gibt es zu den Beinen einige „nette“ Sachen, die im modernen Sport (zu Recht) verboten sind.
Wir hatten das Glück, dass ein Schüler des Maestros vor Ort war, sodass ich fragte ob wir zusammen nicht ein lockeres Sparring machen könnten. Mich interessierte vor allem die Dynamik. Schwer zu beschreiben… Wir trugen zwar Boxhandschuhe, trotzdem war es anders als im modernen Savate, in dem ich trotz alledem immernoch mehr Sparringerfahrung habe. Schon allein, dass man nicht aufpassen musste keine Faustrücken- oder Hammerfaustschläge zu benutzen, dass man ein Ringen einfach ansetzte, weil es grad da war und nicht einfach zu nah aneinander stand und halbgare Haken setzte. Der gute Mann, dessen Namen ich leider vergessen habe, war mit seinen 50 Jahren immernoch sehr gut dabei.
Zum Ende haben wir uns nochmal den Due Mani angesehen, aufgekommene Fragen geklärt und die Stöcke ein wenig schwingen lassen. Mal sehen was der nächste Besuch bringt. Apropos Stöcke, Tobias hat für den Maestro als Mitbringsel einen einen wunderschönen Stenz besorgt, den Claudio sofort in wunderbarem Deutsch als „Alpenstock“ betitelte. Ganz unrecht hat er damit nicht. Er hatte ein paar Rattanstöcke für uns, die er mit einem Knauf mit eingearbeitetem Anfangsbuchstaben versehen hatte. Verwechselungen im Training ausgeschlossen 😉

Als kleines Extra und nicht nur als Überraschung für den Maestro sondern auch für die Jungs hatte ich eine erste Fassung der Übersetzung des ersten Kapitels ohne Technikteil von Claudios Buch dabei. Aber dazu zu gegebener Zeit mehr.

Es war etwas spontan und leider hat es aus organisatorischen Gründen nicht geklappt sich nach dem Training noch mit Daniele Calcagno zu Treffen. Daniele ist Trainer des HEMAvereins in Genua, welcher nach der ersten bekannten Quelle Genuas  Scuola di Scherma Storica „Antonio Quintino“ heißt. Er arbeitet ebenfalls am Tambornini und ich warte sehnsüchtig auf seine Publikation zum Thema, nicht zuletzt weil meine eigene Transkription mit Übersetzung ins Deutsche kurz vor der Fertigstellung steht. Aber wir waren ja nicht zum letzten Mal in Genua…

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Buch: Savate – La Boxe Francese

Falls ihr italienische sprechen oder zumindest lesen könnt, ist das hier eine Buchempfehlung. Für alle anderen ist es eine kleine Buchvorstellung. Für das deutsche Publikum gibt es derzeit zwei Bücher um sich einen Überblick übder Savate zu verschaffen:
Savate von Gerhard Schmitt und Savate Boxe Française: Das französische Boxen von Guido Sieverling und Ari Papadopoulos, welches seit einer Weile leider nicht mehr lieferbar ist. In Italien gibt es „Savate – La Boxe Francese“ von Giorgio Messina.

Giorgio Messina ist ein Veteran des modernen Savate in Italien. Es wurde 1936 in Genua geboren, war ein Schüler von Maestro Guido Cafferata und unterrichtet Savate seit 1960.
1965 trainierte er mit Thonon le Bains und begann mehr und mehr Beziehungen nach Frankreich zu knüpfen. Zusammen mit Guido Cafferata, Lazzaro Delfino und Alberto Manusardi gründete er 1965 die AlS. Sie modernisierten das alte Savate Norditaliens und passten es den modernen Anforderungen und Wettkampfregularien an, nicht zuletzt um international erfolgreich zu werden. Dieses Unterfangen war schließlich von Erfolg gekrönt.

Das Buch liefert einen detailierten historischen Abriss über die Anfänge des Savate in Frankreich über Lecour bis Charlemont, ebenso wie die gut dokumentierte Zeit des letzten Jahrhunderts in der Namen wie Roger Lafond und Bernard Plasait nicht fehlen dürfen, wenn man über Savate spricht.
Zusätzlich dazu enthält es alles was man zum Savate in Italien zwischen ca. 1900 und 2000 wissen sollte. Besonders die Aufbruchsstimmung der 70er Jahre und der Auftritt auf der internationalen Bühne.

Später folgen Begriffserklärungen und Technikbeschreibungen, die in Buchform nicht immer ganz einfach sind, hier aber sehr gelungen erscheinen. Es folgen Trainingstipps zum Dehnen, Seilspringen, Sandsack und einiges mehr.
Wir erfahren außerdem etwas über das Prüfungs- und Graduierungssystem des Savate [Sollte hier jemand vom deutschen Verband mitlesen: Es ist eine kleine Schande, dass ich alles was ich darüber weiß aus französischen und italienischen Quellen habe. Es ist längst überfällig, dass es etwas vergeleichbares auf der deutschen Verbandsseite gibt. Freiwillige vor!].

Außerdem gibt es seitenweise Vorstellungen von alter Wettkämpfern, die heute natürlich oft Lehrer sind. Darunter inklusive Bild auch mein verehrter Maestro in jungen Jahren (rechts im Bild). Der Eintrag sagt über ihn:
Claudio Parodi, Schüler von Giampiero Serra, sehr gute Technik, mit einer kurzen Wettkampfkarriere, im Folgenden aber ein guter Lehrer. Aber besonders interessant für mich ist natürlich das kleine Kapitel zu teilweise verbannten Techniken des alten Savate. Ich habe mir die Mühe gemacht die entsprechenden Zeilen recht sauber zu übersetzten, sodass ich sie hier erstmal unkommentiert stehen lassen möchte:

Alte Techniken:

Das Savate, dass 1895 aus dem nahegelegenen Marseille eingeführt wurde, wurde von der „Società Ginnastica Andrea Doria“ und später von der „Società Ginnastica Goffredo Mameli” aufgenommen und weiterentwickelt. Savate war damals als Mittel zur Selbstverteidigung bekannt. Bald wurde es jedoch zu einer echten Sportdisziplin, mit der Organisation von Kämpfen, die später episch wurden.

Die Ligurier hatten nie echte sportliche „Kontackte“ und nahmen auch an keinen Kämpfe bei den französischen Nachbarn teil. Auf diese Weise entwickelten sie ihre eigenen Techniken, die aufgrund der langsamen Ausführung oder des Verbots im Wettkampf nicht mehr verwendet werden. Diese Techniken der „Genuesischen Schule“ wurden 1965 beiseite geschoben, als der Autor dieses Buches [Giorgio Messina] an einem Training von Maestro Bernard Plasait in Thonon le Bains teilnahm. Als ich mir die französischen Athleten ansah, wurde mir klar, welchen Grad an Entwicklung das Savate in diesem Land erreicht hatte. Es gab uns bekannte Techniken, die aber anders genannt wurden, während andere uns noch unbekannt waren. Einige Angriffe, die wir unseren Schülern noch beigebracht haben, passen nicht mehr zum Wettkampf, da sie die Geschwindigkeit verlangsamten. Auch gab es Techniken, die verboten worden waren. Zu den Techniken, die obsolet wurden, gehörte die offene Guarida [Anm.: hier ist wahrscheinlich die Stellung ohne Boxhandschuhdeckung gemeint] oder das Aufsetzten einer Hand auf dem Boden, aus der Position Tritte gegen den Gegner geführt werden.

Ich möchte jedoch einige davon erläutern:

Tiefer Tritt „stile genovese“
Ein Tritt der nicht mehr benutzt aber immer noch erlaubt ist, kann mit beiden Beinen ausgeführt werden. Der Anzug erfolgt, indem der Oberschenkel zum Körper gezogen wird, wobei der Unterschenkel weiterhin hängt und der Fuß mit dem Oberschenkel ausgerichtet wird. Das Standbein ist leicht gebogen, aber unter Spannung. Der Unterschied zwischen diesem Tritt und dem Charlemonts liegt nur in der Ausführung:

1. Beim tiefen Tritt in genuesischer Art, tritt die Ferse, die in einer direkten Bewegung von oben nach unten auf das Ziel geworfen wird, um es zu zerschmettern, während das Standbein beim Aufprall versteift wurde, um die Schlagkraft zu erhöhen.

2. Beim tiefen Tritt nach Charlemont wird die Flugbahn des tretenden Beines konstant niedrig, geradlinig und gestreckt gehalten, ähnlich der Verwendung einer Sense. Der Fuß trifft mit der Innenseite, dem Mittelfuß. Das Standbein wird entsprechend dem Abstand zum Ziel gebeugt. Der Tritt hat eine störende Wirkung, ist aber gleichzeitig langsam in der Ausführung und damit intuitiv.
Nicht nur das, wenn der Tritt vermieden würde, würde er uns in aus dem Gleichgewicht bringen, indem unser Körper gefährlich weit bewegt würde.

Tritt zum Gesicht im genuesischen Stil (Colpo di piede al viso „stile genovese“)
Dieser wertvolle Tritt wird noch unterrichtet. Das Caricamento (Aufziehen) des Trittes erfolgt wie bei einem Fouetté (Halbkreistritt). Der Unterschied liegt darin, wie man ihn führt. Beim Fouetté ist die Bahn des Trittes horizontal, die Fußspitze dreht sich auf dem Boden nicht mehr als nötig und man trifft mit dem Fußrücken oder der Fußspitze. Im Gegensatz dazu wird beim Fußtritt „alla genovese“ die Drehung des Standfußes stärker ausgenutzt und dann wird die Fußspitze ausgerichtet um mit einem geradlinigeren Lauf zum Ziel zu gelangen.
Der Vorteil dieses Trittes, der an einer vom Ziel weiter entfernten Stelle beginnt, ist, dass der Gegner mit seinen Fäusten zurückschlägt.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man den Tritt leicht doppeln kann, indem man die Position ausnutzt, die der Körper bei der Ausführung des ersten Trittes eingenommen hat. Der Nachteil ist, dass der Tritt weniger effektiv ist als der Fouetté.

Aufwärtstritt mit der Spitze zum Körper (verboten)
Er kann mit dem einen oder dem anderen Bein ausgeführt werden. Dabei wird die Fußspitze direkt auf das Ziel gestoßen, indem man das tretende Bein einfach bis zur Hüfte anhebt und die Fußspitze kräftig nach vorne streckt. Technisch gesehen könnte man ihn einen “calcione” (“Fußballertritt”) nennen. Es handelt sich um einen instinktiven Tritt, der mit einer einfachen Technik gemacht wird, sodass es nicht notwendig ist besondere sportliche Fähigkeiten zu haben, um ihn auszuführen.

Eine Variante des gerade beschriebenen Trittes ist schwieriger: „colpo di punta al viso“ (Tritt mit der Spitze zum Gesicht). Um diese Technik zu verwirklichen, muss der Körper nach hinten geneigt werden, damit das Bein höher bis zum Gesicht des Gegners angehoben werden kann.

Fußtritt zur Seite mit der Hand am Boden (Colpo di piede di fianco con la mano a terra) (verboten)
Er ist eine Variante des alten Chausson. Die Ausführung ist jene des Chassé (Seitwärtstritt) mit den Beinen gekreuzt oder gesprungen zum Gesicht, aber im letzten Teil der Ausführung macht der Rumpf eine größere Biegung zur Seite, die es erlaubt, die Hand auf den Boden zu stellen und damit mehr Stabilität zu erhalten. Von dieser Position aus ist es möglich erhebliche Kraft auf den von der Ferse getragenen Tritt zu übertragen. Der Angriff zielt auf Körper oder Gesicht.

Tritt mit der Fußspitze zur Seite (Colpo di piede puntato al fianco) (verboten)
Er ist ähnlich dem, den ich gerade beschrieben habe, mit dem Unterschied, dass das Ziel mit der Fußspitze getroffen wurde. Das Caricamento (Aufziehen) entspricht dem aktuellen Fouetté, jedoch mit Unterstützung der Hand am Boden.

Gedrehter Tritt (Colpo di volteggio) (verboten)
Die Ausführung ist die gleiche wie beim Chassé tornante (gedrehter Seitwärtstritt), aber zum Zeitpunkt des Treffers setzt man eine Hand auf den Boden. Der Tritt erfolgt mit der Ferse oder der Schuhspitze.

Faust des französischen Boxens (Pugno di boxe francese )(verboten)
Die Faust des französischen Boxens, welche nicht mehr im Gebrauch und nun auch verboten ist, wurde gegen einen Savateur in falsa guardia (in Rechtsauslage) mit dem Handrücken des Handschuhs ausgeführt.

Der Machetenschlag (Bolo punch) (nicht integriert)
Der Machetenschlag ist ein typischer Schlag kubanischer Boxer, der mit der gleichen Hiebbahn wie ein niedriger Haken geschlagen wird, der aber vor dem Treffer das Handgelenk dreht und den Bauch oder das Gesicht des Gegners trifft. Der Schlag imitiert die Bewegung einer Machete, die von Zuckerrohrschneidern verwendet wird.

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Gute Vorsätze 2018/2019!

Letztes Jahr habe ich mir bewusst ein paar gute Vorsätze vorgenommen. Einiges davon hat geklappt, einiges wiederum nicht so ganz. Wie das eben so ist, ich denke ihr kennt das.

Der große Feind Kondition ist bezwungen! Danke an die Jungs und Mädels (ihr wisst wen ich meine :-)), die mich vor allem in Hinblick auf die Savatemeisterschaft richtig fit gemacht haben. Und auch beim großen Contrafechten war die neu gewonnene Fitness nicht von Nachteil.
Gut, dafür ist die gesündere Ernährung immer wieder vom Tisch gefallen. Diesen Vorsatz werde ich aber nicht so schnell aufgeben. „Gesund“ ist -wie vieles andere- kein ganz oder garnicht.
Mein Italienisch ist allerdings in der praktischen Anwendung komplett unter gegangen. Zwar grabe ich mich durch diverse italienische Quellen, und mein Vokabular ist mit Sicherheit gewachsen, aber für den täglichen Gebrauch ist mit ziemlicher Sicherheit nicht viel dabei. Mal abgesehen davon, dass es zwischen lesen und sprechen/hören einen nicht ganz so kleinen Unterschied gibt.
Solange ich mit der Nase zu tief in den Quellen stecke, fehlt mir allerdings auch die Zeit. Da muss man dann auch Prioritäten setzten.
Das Hema Genovese hat definitiv auch außerhalb des Fechtsaals viel Zeit in Anspruch genommen, aber das war es auf alle Fälle wert. Unser Training hat eine neue Dynamik entwickelt, die mir ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht zaubert. So möchte ich 2019 auf alle Fälle weitermachen!

Vielen Dank an alle meine Wegbegleiter 2018!
Ich wünsche euch und all den stillen Mitlesern ein erfolgreiches Jahr!
Bis bald!

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HEMA Wettstreit der besonderen Art

Im Frühjahr 2018 wurde ich auf Facebook auf ein Fechtreglement aufmerksam. Generoso Pavese beschrieb jenes im Jahre 1905. In aller kürze, 3 mal 10 Minuten Stoßfechten und 3 mal 10 Minuten Säbelfechten.
Ich machte Peter Frank von den Freifechtern darauf aufmerksam und merkte an, dass man das doch mal machen könne. Unerwartet bekam ich etwa ein halbes Jahr später eine offizielle Herausforderung mit ausgearbeitetem bzw. ausgefülltem Antrag.

Vertrag:

Im Nachhinein muss ich sagen, dass diese Stunde, so anstrengend sie körperlich und geistig auch gewesen ist, rückblickend nicht nur Spaß gemacht hat, sondern man auch viel über sich und sein Können unter zunehmendem Stress mitnehmen konnte.
Es war zwar nur „ein Spaß“ zwischen Freunden. Allerdings sind wir beide Trainer zweier Gruppen Historischer Fechter, außerdem fanden die Gänge auf einer offiziellen Veranstaltung satt, auf der 20 Fechter aus verschiedene Vereinen zugegen waren. Wir hatten zwei Punkterichter und einen Zeitnehmer. Es war alles sehr offiziell, auch wenn es am Ende weder eine Medaille noch eine Urkunde gab, nah es doch keiner von uns auf die leichte Schulter, beide wollten wir unser Bestes geben.

Vielen Dank an alle Beteiligten, die sehr gewissenhaft dabei waren und ganz besonders meinem Kontrahenten Peter für dieses Contrafechten der besonderen Art.

Aber ist der Post hier nicht vielleicht etwas fehl am Platze?
Ja, möglicherweise. Aber auf der einen Seite habe ich den Wettstreit mit den Systemen von Paolo de Scalzi (Stoßfechten) und Carlo Tambornini (Säbel) ausgefochten. Aufmerksame Leser wissen bereits, dass beide Fechtmeister sind, die in Genua gewirkt und publiziert haben. Und auf der anderen Seite war es einfach ein wirklich großartiges und spannendes Erlebnis, das ich nicht so ohne weiteres in der Facebooktimeline verschwinden lassen möchte.
Und wer weiß, vielleicht gibt es eines Tages eine Neuauflage mit Messer und Stock, statt Florett und Säbel 🙂

Und jetzt noch ein paar Fotos von der bezaubernden Susanne Frank:

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HEMA genovese: Tamborninikurs in Genua

Folgt dem Bild zur FB-Seite

In Genua gibt es natürlich auch einen HEMAverein. Dieser hat als „Sala d’Arme Achille Marozzo di Genoa“ begonnen und trägt seit Oktober 2018 den Namen Scuola di Scherma Storica „Antonio Quintino“ – Genoa. Nach der ersten schriftlichen Quelle aus Genua von 1613. Antonio Quintino war Militär im Dienste Genua. Er fügte seinem Buch „Gioiello di Sapienza“ einige Tricks für den Kampf auf der Straße hinzu. Das Buch ist in Gänze aber mehr eine Sammlung von Wissen zu diversen Themen als ein strukturiertes Fechtmanuskript.
Heute beginnt dort für 2019 ein Kurs zum Säbel nach Tambornini. Eigentlich schon längst überfällig. Genuesischer Säbel gehört nach Genau, so sollte es sein!
Bei Mispeldorn arbeiten wir bereits seit einem Jahr nach dieser Quelle. Sie fällt -wie für Militäranweisungen üblich- recht kurz aus, bietet aber neben den sehr einfachen Grundlagen noch einige Konzepte, die mehr Übersicht und Können voraussetzten. Alles in Allem ein schönes System mit dem wir noch viel Spaß und Arbeit haben werden und das wünschen wir auch allen Mitgliedern der Scuola di Scherma Storica „Antonio Quintino“ – Genoa!
Ein persönliches Treffen mit dem Säbel in der Hand wird damit in der Zukunft eigentlich zur Pflicht.

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Oldschool Savateregelwerk

Alter Savate Wettkampf mit Fechtmaske und Ringangriffen. (Bild von Savtae Heritage)

Vor einer Weile bin ich einer Übersetzung von Charlemonts „La boxe franceise“ geworden (link setzten) und „La boxe franceise & english boxing“ habhaft geworden. Ersteres ist von 1899 und noch stärker selbstverteidigungsorientiert, während man beim Zweiten schon eine Tendenz in Richtung Sportwettkämpfe erahnen kann.
Die Übersetzungen sind als Softcover für wenig Geld auf Amazon zu haben. Leider hat sich der Übersetzer Matthew Lynch nicht sehr viel Mühe in der Gestaltung gegeben. Die Schriftart ist viel zu groß, der Seitenrand ist quasi nicht vorhanden und eine ordentliche Setzung fehlt leider auch, allgemein sieht es eher so aus, als ob er seine Textdatei hat drucken lassen. Bei 6€ sollte man sich nicht beschweren, trotzdem würde ich für ein schönes Buch auch gerne mehr Geld in die Hand nehmen.

Beide Bücher enthalten auch einen Satz Regeln für den Wettkampf, die sich voneinander nur in wenigen Punkten unterscheiden. Vor allem sind die Regeln von 1905 ausführlicher und umfassender. Anscheinend war das nötig geworden. Als ich im Savatekurs dem Trainer vorschlug diese doch mal auszuprobieren, brauchte ich nicht viel Überredungskunst.

Die Regeln lauten wie folgt:
– Treffer dürfen mit Arme, Beinen, Händen und Füßen gesetzt werden. Es dürfen also auch Schläge mit dem Faustrücken, Ohrfeigen und Hammerfaustschläge genutzt werden. Ebenso waren Schläge mit dem Unterarm im Gegensatz zu Ellenbogenschlägen damals üblicher als heute. Kniestöße werden nochmal extra erwähnt. Diese sind in der Selbstverteidigung wichtig, denn man könne sich ja nicht beschweren, dass dies ein illegaler Angriff ist, wenn man abseits des Saals so attackiert würde.
– Generell keine Angriffe zu den Genitalien
– Trefferfläche für Tritte ist der ganze Körper
– Trefferfläche für Schläge ist alles vom Gürtel bis zum Kopf, im Gegensatz zum modernen Regelwerk auch Rücken und Hinterkopf.
– Paraden mit dem Arm müssen aktiv nach vorn oder zur Seite gestreckt sein, eine passive Deckung am Körper oder Kopf (z.B. eine Doppeldeckung) zählt nicht als Parade. Somit wäre das ein Punkt für den Gegner.
– Einem Angriff muss erst ordentlich ausgewichen oder er muss pariert werden, bevor ein Gegenangriff gestartet werden darf.
– Gleichzeitige Treffer zählen nicht, Stoppstöße allerdings sehr wohl. Hier ist es also eine Frage der Intention.
– Weil Punkte gezählt werden, sollen Kombinationen/Mehrfachangriffe vermieden werden. Finten dürften dabei ausgenommen sein.
– Wenn man getroffen wurde, meldet man dies mit dem Ausruf „toché!“
– Es kann verboten werden Beine zu greifen, zu clinchen oder sonst wie zu ringen. Falls man den Gegner festhält, zählt dies als Punkt, gleiches gilt für Würfe.

Wenn man sich die Regeln genau ansieht, stellt man fest, dass sie stark an Fechtregularien und Methoden angelehnt sind. Aufgrund der europäischen Wurzeln und der Tatsache, dass die Savatehallen an Fechtsäle angegliedert waren ist das aber nicht wirklich verwunderlich.

Klar, dass es nicht jedem gefallen hat, besonders wenn man sich auf modernes Sportsavate eingeschossen hat. Welcher Fußballspieler würde schon nach 100 Jahre alten Regeln trainieren? Für den heutigen Wettkampf ist also ganz klar keine optimale Vorbereitung. Es trainiert aber durchaus Fähigkeiten, die für den Wettkampf wichtig sind. Als zusätzliche Übung im Repertoire kann ein Ausflug zu den Wurzeln meiner und auch der Meinung des Trainers nach nicht schaden.
Natürlich möchte ich euch ein paar von unseren Beobachtungen nicht vorenthalten:

Der aktive Einsatz der Arme zur Parade, führte dazu, dass man sich nicht hinter passiver Deckung verstecken konnte und so auch wieder mehr Beinarbeit in den Fokus rutschte. Durch den Parade-Riposte-Modus war es ein wenig übersichtlicher und weniger chaotisch, sodass man auch hier wieder mehr Zeit oder besser gesagt Vorbereitung für spezielle Aktionen wie Ausweichschritte und Aktionen ins Tempo hatte. Gestärkt wurde interessanterweise auch das Bemühen nicht getroffen zu werden und nicht einfach nur eine höhere Zahl an Treffern auszuteilen. Apropos Treffer, da jeder Treffer einen Punkt gab, wurde deutlich mehr zu den Beinen getreten. Das lag nicht zuletzt daran, dass Beine fangen nun erlaub war und die Rückzugbewegung des ein oder andere nicht schnell genug war, sodass man sich nicht traute in Höhe der Arme zu treten. Ins Ringen, Clinchen kam man eigentlich selten, wenn man es nicht unbedingt drauf angelegt hatte. Auch Fausttechniken wurden weniger gebraucht. Die Beine haben einfach eine höhere Reichweite und weil der übliche Savateur vermeiden wollte gegriffen zu werden, ging man nicht auf Schlagreichweite ran, von dort aus, ist der Clinch nun mal nicht weit. Im Vorfeld waren wir uns nicht sicher in wie weit die Trefferansage im Sparring stören würde. Tatsächlich hat sie kaum gestört: Man wurde getroffen, sagte an, ging kurz einen Schritt zurück und startete wieder. Das hat je nach Paarung nicht mal zu einer wirklichen Pause geführt.

Zusammenfassend könnte ich hier schreiben – und das ist wirklich keine neue Erkenntnis -, dass die Regeln den Sport machen. Für mich nehme ich aber auf jeden Fall mit, dass ich mit diesen Regeln -und seien sie auch etwas angepasst- gerne wieder arbeiten möchte, einfach weil sie Attribute und Fähigkeiten fördern an denen ich arbeiten will oder sollte.

Veröffentlicht unter Savate Genovese | Kommentare deaktiviert für Oldschool Savateregelwerk