Frei nach dem Motto „wer hoch treten will, muss es auch versuchen“ dachte ich mir, wenn ich schon eine Savategruppe vor der Haustür habe und das ist in Deutschland wirklich selten, sollte ich dort auch mal hingehen. Einfach nur Dehnen wird den gewünschten Erfolg nicht bringen, auch wenn ich davon ausgehe, da ich die Ausführung der meisten Tritte im Grunde beherrsche, dass sich die höhere Trittausführung schon einstellen wird sobald mein Körper die Grundvorrausetzungen hat. Allerdings gehört dazu natürlich auch die passende Muskulatur. Also: Viel hilft viel, auf zum Savate!
Da die Trainingszeiten für mich nicht sehr optimal liegen, habe ich eine Freundin vom Jujutsu, die dort auch trainiert, gebeten zu fragen ob es in Ordnung sei, wenn ich zu einem Fortgeschrittenentraining dazu stoße.
Eigentlich war mein Plan schon ein paar Monate vor meinem savatelastigen Genuabesuch zum Boxe Française Savate zu gehen. Leider hat das nicht ganz geklappt. Mittlerweile bin ich jetzt auch schon ein Jahr dabei. Ich wurde ab dem ersten Tag sehr freundlich aufgenommen und fühlte mich auch direkt wohl.Es gibt Training bei diversen Übungsleitern für Anfänger und Fortgeschrittene, ob fittnessbetont, wettkampforientiert oder kämpferrisch ausgerichtet, jeden ist was dabei. Nicht umsonst hat Aachen auch den ein oder anderen Deutschen Meister hervorgebracht. Ich kann wirklich jedem, der sich für Boxe Française Savate interessiert nur empfehlen, in Aachen einzusteigen oder zumindest einmal vorbeizuschauen. Einen Link findet Ihr unter dem Beitrag.
Für meinen ersten Besuch hatte ich mir genau den richtigen Tag ausgesucht. Hier müsste man leichte Ironie raushören, denn die Deutsche Meisterschaft war in der nächsten Woche. Dementsprechend war das Training auf den Assaut ausgerichtet. Assaut ist das freie Gefecht im Semikontakt, im Gegensatz zum combat, dem Vollkontaktwettkampf.. Das bedeutete Sparring, Sparring, Sparring und Übungsassauts. Also genau das richtige zum ersten reinschnuppern! Es gab zum Aufwärmen ein paar lockere wettkampfspezifische Übungen, danach wurde im Grunde nur noch frei gekämpft.
Ich hatte also viel Sparring und ich hatte auch definitiv meinen Spaß. Höhere Tritte zu üben, was ja mein eigentliches Anliegen war, kam dabei leider etwas zu kurz. Ich hätte zwar welche versuchen können, wäre dabei aber sicher heillos untergegangen. So habe ich versucht mein Können an das Regelwerk anzupassen. Das sah dann vielleicht nicht so schön aus, ich fühlte mich aber ab meiner zweiten Runde deutlich wohler. Am Ende des Tages war ich jedenfalls mit mir zufrieden. Zum Glück gab es in einem Trainermonolog nochmal eine kleine Zusammenfassung der wichtigsten Regeln, gewusst hätte ich die nämlich nicht. Heute weiß ich, dass die Grauzonen mir möglicherweise recht gut liegen könnten, vielleicht sogar besser als so manch einem anwesenden Savateur. Sie spiegeln einfach mein üblicheres Vorgehen besser wieder. Trotzdem habe ich davon dann doch Abstand gehalten. Heute sieht das allerdings schon anders aus. Mit etwas mehr Übung und zeitlichem Abstand muss ich sagen, dass diese Grauzone sich ordentlich mit Grundlagen des Gambetto vertragen würde, weshalb ich schon gespannt bin inwieweit mir dort ein Spagat gelingt.
Die letzte halbe Stunde hatten die antretenden Wettkämpfer eine Simulation eines Assauts. Dreimal zwei Minuten mit dreißigsekündiger Pause. Jeder hatte einen Coach in seiner Ecke, der ihm während der Pausen Tipps und taktische Hinweise geben konnte. So dass selbst diejenigen, die nicht kämpften durchaus einiges lernen konnten. Auch wenn ich nicht hundertprozentig mit dem Regelwerk vertraut bin, will ich behaupten, dass ich „meinem“ Kämpfer ein paar durchaus gute Tipps geben konnte. Kämpfer lesen mache ich schließlich schon eine ganze Weile.
Savate wird außerhalb Frankreichs, speziell in Deutschland nur selten im Vollkontakt gekämpft, wieviel Kontakt im Aussaut erlaubt ist, ist dann wohl immer vom Ringrichter abhängig. Das kann schon mal mehr sein, aber auch deutlich weniger. In Belgien, so hieß es, ist es wohl meist deutlich mehr, auch die Italiener sind da nicht so zimperlich. In der Donnerstagseinheit, die ich in Aachen besuche wird auch eher eine etwas härteren Gangart gefahren. Das merkt man vor allem daran, dass kurz vor den Wettkämpfen die Intensität vom Trainer aktiv gedrosselt werden muss.
Ein reguläres Training unterscheidet sich eigentlich nicht großartig von meinem ersten Besuch. Gemeinsames Warm- und Lockermachen durch Spielchen mit Händen und Füßen, gemeinsames Dehnen und bevor es zum Sparring kommt ein paar Kombinationen. Die Sparrings, die hier nicht so deutlich der Wettkampfvorbereitung dienen, haben häufig, wie erwähnt, doch eine etwas höhere Schlaghärte. Bislang hat sich auch noch niemand wirklich beschwert, wenn ich nicht komplett sauberes, regelkonformes Savate gezeigt habe. Was sicherlich schon der Fall war, auch wenn ich mir dessen nicht immer bewusst bin, gleiches gilt für Ihre Toleranz gegenüber genuesischen Technicken , die im Regelwerk des Boxe Française Savate nicht vorkommen.
Allgemein würde ich sagen, dass es aus meiner Perspektive viele Regelartefakte gibt, die es mir vielleicht irgendwann erschweren könnten das zu verbessern was ich möchte. Außerdem ist der Boxanteil doch größer als ich gedacht hatte. Aber so ist das, wenn man zu anderen Leuten auf die Spielwiese geht. Bis jetzt meine ich, dass die Vorteile noch überwiegen und ich dort definitiv ohne weiteres noch genug für „mein“ Savate mitnehmen kann, Außerdem sind mir die Leute mittlerweile auch ans Herz gewachsen.
Vielen Dank an Hanna fürs einschleusen, dem Trainer Max für sein gutes Training und natürlich der ganze Gruppe für ihre Offenheit und das tolle Training. Soweit ich es schaffe, bin ich immer wieder gern bei euch!